Am vierten Advent waren wir alle zusammen im Weihnachtssingen im Theater. War das ein Gottesdienst, oder was? Jedes Jahr geben das Orchester, Chören, Solisten und Tänzern die schönsten Weihnachtslieder zum Besten. Vor spektakulärer Kulisse: einem prächtig geschmückten Tannenbaum, mindestens vier Meter hoch, eher zehn, meinen die Kinder. Begonnen wurde dieses Jahr mit dem Vorlesen der Weihnachtsgeschichte und einem gregorianischen Choral. Am Schluss zum Mitsingen: „Tochter Zion“, „Oh, Du fröhliche!“ und „Stille Nacht“. Mit Inbrunst schmetterten die 1000 Besucherinnen und Besucher im großen Saal die Weihnachtsbotschaft. Hier und dort sah ich auch ein paar Tränen fließen. Es war aber auch zuuu schöööön. Wieso gibt es sowas eigentlich nicht in der Kirche? Adventssingen für alle. Beim Fußballclub Union Berlin geht es doch auch. Vielleicht nicht ganz so besinnlich. Aber sie füllen damit ein ganzes Stadion: s’ist, als ob Engelein singen, Lieder von Liebe und Freud. So hört sich das dann an, bitte hier klicken: Weihnachtssingen Union Berlin.
Lichterlabyrinth
Direkt vor dem Weihnachtsmarkt mit seinen bunten Buden und bimmelnden Karusells haben Nonnen mit Teelichtern in Gläsern ein Lichterlabyrinth errichtet. Viele Menschen bleiben stehen und schauen. Einige gehen schweigend durch das Kerzenmeer. Kinder hüpfen kreuz und quer die Wege entlang. Wir bleiben dort fast eine halbe Stunden hängen, obwohl nur wenige Meter weiter der versprochene Flammkuchen wartet. Den Prospekt, der dazu auslag, habe ich leider kurz darauf verloren. Macht nix, habe direkt vor Ort was in die Spendenbüchse gesteckt. Für was? Keine Ahnung. Hey, es ist Weihnachten!
Religion in der Schule
Unsere Kinder gehen in eine Grundschule in der Innenstadt. Siebzig Prozent der Kinder haben Migrationshintergrund. Da sind zum Beispiel Jekaterina, Ludovico, Faria, Apollo, Hamza, Nidanur, Janosch und Ali. Ihre Eltern sind Professoren an der Uni, Richter am Landesgericht, Ingenieure oder Architekten. Andere Eltern beziehen Hartz IV. Die meisten Eltern arbeiten als Verkäuferin, Versicherungskaufrau, Arzthelferin oder Buchhalter. Es gibt aber auch ein paar Kreative wie Galeristen, Verleger oder Illustratoren.
Ich schätze, dass ein Drittel der Kinder konfessionslos ist. Ein weiteres Drittel ist muslimisch. Und ein Drittel der Kinder ist christlich getauft. Davon ist der kleinste Teil katholisch. In manchen Jahrgangsstufen sind es nur ein oder zwei katholische Kinder. Sie kommen aus unterschiedlichen Seelsorgeeinheiten, sehen sich im Regelfall nicht beim Kindergottesdienst und gehen nur zusammen zum Kommunionsunterricht, wenn man sie dementsprechend ummeldet.
In Baden-Württemberg gibt es für die Grundschulen keinen Ethikunterricht. Deshalb haben die Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, frei. Das bedeutet, dass sie dann von der Schule betreut werden müssen. Gerne werden die Religionstunden deshalb in die erste oder letzte Stunde gelegt: die Kinder schlafen länger oder gehen früher nachhause – oder in die schuleigene Betreuung, die ohnehin für die Kernzeit von 7.30 bis 14.00 Uhr verantwortlich ist.
An unserer Schule findet der Religionsunterricht nachmittags statt. Auch für die Erstklässler. Es gab das Gerücht, dass die Lehrerin, eine ältere Dame, nicht zweimal in der Woche kommen wolle, denn einzelne Randstunden wären im Stundenplan noch frei gewesen. Wie gesagt, ein Gerücht. Ich kenne die Frau nicht persönlich und weiß nur, dass sie mit den Kindern gerne Mandalas ausmalt und bastelt. Das soll keine Wertung sein. Ist nur eine Beobachtung, was die Kinder nach ihrer Doppelstunde am Nachmittag im Schulranzen haben.
Weihnachtsgottesdienst oder Friedensfest
Obwohl also immer weniger Kinder in den Religionsunterricht gehen, gibt es an unserer Schule einen Weihnachtsgottesdienst. Mir persönlich wäre es auch am liebsten, wenn alle daran teilnehmen würden, egal ob getauft oder nicht und zusammen „Oh, Du Fröhliche!“ singen. Ganz so einfach ist es aber nicht.
Es gibt eine Mutter, die sich bis zum Landtag hoch beschwert hat, dass ihr Kind nicht mit in die Schulgottesdienste muss. Das ist ihr gutes Recht. Sie bezeichnet sich selbst als Atheistin. Wie der Betreuer sie nennt, der die Einzelbetreuung für ihren Sohn übernehmen muss, weiß ich nicht.
Weicht man also auf ein Friedensfest für alle aus? Diese Frage wird an unserer Schule seltsamerweise überhaupt nicht gestellt. Auch nicht von den muslimischen Eltern. Im Kindergarten habe ich allerdings folgendes erlebt: Obwohl der Träger des Kindergartens die Evangelische Kirche war, wurde der St. Martinsumzug in „Lichterfest“ umgetauft. Ansonsten blieb alles, wie es war – mit St. Martinsspiel, Dambedeis, Laternen und jeder Menge nicht getaufter und andersgläubiger Kinder, die laut und inbrünstig „Rabimmel Rabammel Rabumm“ sangen. Viele von ihnen bekommen von ihren Eltern an Weihnachten sogar Geschenke.
Inzwischen gibt es alle möglichen Familienkonstellationen und Glaubensmodelle. Ehrlich gesagt, blicke ich schon lange nicht mehr richtig durch. Es ist ja auch nicht das Erste, was man fragt: „Woran glaubt Ihr eigentlich?“ Es ergibt sich nebenbei. Maria, die Inderin wünscht mir zum Beispiel frohe Feiertage. Rainer, der alleinerziehende Vater geht mit seinem Sohn Skifahren. Manche berichten ungefragt, dass sie Weihnachten hassen – und meinen damit vielleicht ihre Schwiegermutter. Andere gehen sowieso immer nur an Heilig Abend in die Kirche. Und die aus der Kirche ausgetreten sind, gehen an Weihnachten einfach mal wieder in die Kirche. Was soll’s? Eine Kollegin von mir meinte neulich: „Es geht um Liebe. Das ist universal.“ Da hat sie auch irgendwie Recht. Und wäre das nicht auch ein schönes Schulfach?
2. Advent 2013
1. Advent 2013
Totensonntag 2013
Tod und Leben beim Wein
Der Tod und das Leben
verabredeten sich zu einem Glas Wein.
Es war Sonntag und draußen regnete es.
Die Kneipe war voll und sehr laut.
Zum Glück hatten sie ganz hinten
einen Tisch reserviert.
Sie nahmen Platz und
bestellten den Wein.
Wie immer rot für den Tod
und weiß für das Leben.
Oder umgekehrt?
Es ist lange her.
Ich weiß es nicht mehr.
„Zum Wohl!“, sagte das Leben.
„Auf Deine Gesundheit!“,
antwortete der Tod.
Sie kannten sich lange,
doch waren sie allein,
so war es, so ist es,
so wird es immer sein,
der Tod und das Leben beim Wein.
„Leben“, sagte der Tod,
„ich bin müde zu sehen,
wie Menschen sterben.“
Da sagte das Leben:
„Tod, ich kann dich so gut
verstehen. Mir geht es genau so.
Ich bin müde zu sehen,
wie Menschen geboren werden.
Prost!“
„Leben“, sagte der Tod,
„Ich habe die ganzen Morde,
Begräbnisse und Trauerreden satt!“
Da sagte das Leben:
„Tod, ich kann dich so gut verstehen.
Mir geht es genauso.
Ich habe die ganzen
Taufen, Geburtstage
und Geburtstagsreden satt!“
Sie kannten sich lange,
doch waren sie allein,
so war es, so ist es,
so wird es immer sein,
der Tod und das Leben beim Wein.
„Lass uns eine Weile tauschen“,
sagte der Tod.
„Gute Idee!“, sagte das Leben.
Und sie tauschten.
Sie tranken ihren Wein,
schwiegen gemeinsam,
rauchten ihre Zigaretten.
Und als es aufhörte zu regnen, gingen sie.
„Lebewohl, Leben“, sagte der Tod.
„Todsicher, Tod“,
antwortete das Leben.
Und seitdem ist es so.
Sie kannten sich lange,
doch waren sie allein,
so war es, so ist es,
so wird es immer sein,
der Tod und das Leben beim Wein.
Alvaro Solar
Socken, Lügen und Wein
Haben Sie heute schon gelogen?
Fußballturnier
Sonntag, 10.11.2013, Fußballturnier für die Kinder. Von 8.30 Uhr bis 11.30 Uhr. Ja, richtig gelesen: 8.30 Uhr! Von wegen Ausschlafen … da wäre es gemütlicher gewesen, in den Gottesdienst zu gehen. Der fängt in unserer Gemeinde erst um 11.30 Uhr an, eine sehr schöne Zeit. Da kann man lange schlafen und gemütlich frühstücken. Für Frühaufsteher gibt es Sonntags auch um 9.00 Uhr einen Gottesdienst und für Spätzünder einen um 19.00 Uhr. Ehrlich gesagt war ich zu diesen Zeiten noch nie in der Kirche. Auch den Mittwochs-Gottesdienst habe ich noch nie besucht. Frühschicht, Rosenkranz, Rorate-Messe, Stille Anbetung, Laudes, Beichte – das Angebot hier in der Stadt ist riesig. Laut Pfarrblatt kann ich bis Anfang Dezember täglich (!) in mindestens (!) drei Gottesdienste gehen. Die Gottesdienste finden zu allen möglichen Tageszeiten statt, alle Kirchen der Seelsorgeeinheit sind für mich gut erreichbar. Doch es ist manchmal schwierig für uns, wenigstens einmal pro Woche in die Kirche zu gehen. Wenn am Sonntag etwas anderes auf dem Programm steht, finde ich es kein bisschen schlimm, dass der Kirchgang ausfällt. Ich habe nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Typisch Hobbykatholikin. Toooor!
Evangelische Martinskirche Gruibingen
3.11.2013, Sonntagsgottesdienst bei einer Pfarrerin, die vier Kinder hat, predigen kann und gut aussieht. In einer Kirche mit mittelalterlichen Fresken, in die ziemlich scheußliche Fenster hineingehauen wurden. Oh Jesses! Alles wie im richtigen Leben, da in Gruibingen auf der Schwäbischen Alb. Hat uns sehr gut gefallen.
Allerheiligen 2013
Zum Sterben schön – Eine Reise zu den berühmtesten Friedhöfen der Welt auf www.sueddeutsche.de