Apfelwiese April 2014
Palmsonntag 2014
Ich mag Palmsonntag. Vielleicht weil dieser festliche Sonntag mit den geschmückten Buxsträußchen, gebundenen Weidenkätzchen und großen Palmblättern, die vom Pfarrer mit Weihwasser gesegnet werden, in krassem Gegensatz zu den Ereignissen der Karwochen steht. Es ist so ein wohliger Schauder. Noch ist alles friedlich und fröhlich. Aber man weiß, dass das Grauen schon um die Ecke lauert …
5. Fastensonntag 2014
6. April 2014. Warum das Kreuz schon verhüllt ist? Ich weiß es nicht. Mit meinem katholischen Halbwissen dachte ich eigentlich, dass das erst an Gründonnerstag dran ist. Aber auch das ist nur geraten. Es gibt nur eine Erklärung: Ostern hat schon angefangen. Passend dazu wurde heute die Auferstehung des Lazarus vorgelesen. Diese Geschichte aus dem Johannesevangelium ist lang. Sehr lang. Und tatsächlich mit verblüffend ähnlichen Details wie aus der Ostergeschichte. Ein Freund von Jesus stirbt: Lazarus. Jesus weint, trödelt aber doch recht lange rum, bis er sich auf den Weg zu seinem Freund macht. Bis er ankommt, ist Lazarus schon tot. Irgendwie hatte ich in Erinnerung, dass Lazarus einfach nur tot im Bett gelegen sei. Aber nein. Sein Grab ist eine Höhle. Stellt Euch vor, davor liegt ein Stein. Dieser Stein wird nach einigen Treueschwüren weggeräumt. Da kommt er dann herausspaziert, der wiederauferstandene Lazarus. Mit Wickeln an den Händen und Füßen und mit einem Tuch über dem Gesicht. Habe ich davon schon jemals ein Bild gesehen? Kann mich nicht erinnern. Stelle ich mir zombiemäßig vor. Immerhin wird in der Bibel erwähnt, dass er schon vier Tage tot war. Die Schwester des Toten warnt: „Er riecht schon!“. Oh Gott, eine Geschichte mit Verwesungsgestank. Als wir aus der dunklen Kirche treten, begrüßt uns auf dem Gelände rund um die Kirche der Ostermarkt. Die Sonne scheint. Alles ist schön. Alles ist möglich.
Michaelskapelle
Wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen. Die Michaelskapelle im Kraichgau mit Blick auf die Rheinebene ist nicht nur für Wanderer ein schönes Ausflugsziel. Man kann mit dem Auto fast bis vor die Tür fahren. Sogar Reisebusse finden Platz. Die benachbarbarte Gastronomie wirkt von der Inneneinrichtung in den 80er-Jahren stehen geblieben zu sein. Zum Essen kann ich nichts sagen, denn wir haben uns die ganze Zeit auf dem weitläufigen Gelände um die Kirche herum aufgehalten. Dort kann man ferngesteuerten Modellsegelflugzeugen, Lenkdrachen beim Fliegen zuschauen oder im Sommer versuchen, Schmetterlinge zu fangen. Man kann aber auch ganz einfach nur auf einer Bank sitzen und den Blick und die Gedanken in die Ferne schweifen lassen. Das gelang mir an diesem Tag auf dem Berg über dem Tal deutlich besser als in der Kirche drin.
Ich kann mir vorstellen, dass die Kapelle oft für Hochzeiten oder Taufen genutzt wird. Sie fasst circa 50 Leute, naja, ungefähr, bin schlecht im Schätzen. Sie ist im Barockstil eingerichtet, es hält sich aber noch in Grenzen mit Gold und Putten und so, eher Barock light. Es war ein ziemliches Kommen und Gehen, während ich in der Kapelle war. Zu der Unruhe habe ich auch meinen Teil beigetragen. Bin mir nicht ganz sicher, ob es ehrfürchtig war, in der kleinen Kirche mit meinem Handy rumzuknipsen. Und Tiere habe ich auch nicht gesehen. Schon gar nicht einen Siebenschläfer. Schade eigentlilch.
Dafür habe ich die vierzehn Nothelfer wieder entdeckt. Meine Oma hatte immer einen parat. Ich kann mich nur noch an den heiligen Christoph erinnern, laut wikipedia „Christusträger, Helfer gegen unvorbereiteten Tod, Rettung aus jeglicher Gefahr, Schutzheiliger der Reisenden, gegen Epilepsie, Unwetter, Hungersnot, Gewitter und Hagelstürme, Pest. Wird bei Zahnschmerzen und schlechten Träumen angerufen. Schutzpatron der Bogenschützen, Autofahrer, Seefahrer, Flößer, LKW-, Bus- und Taxifahrer, Buchbinder, Bleicher, Pförtner und der Obst- und Gemüsehändler.“ Den merk ich mir auf alle Fälle mal. Und Dionysos zur Sicherheit auch noch: Helfer bei Kopfschmerzen, Tollwut, Gewissensnöten und Seelenleiden. Passt immer. Und jetzt die gute Frage: wie kann ich mich als aufgeklärte Akademikerin mit so einem Aberglauben länger als zwei Minuten beschäftigen? Meine Antwort darauf ist ein freundliches Lachen.
Ökumenischer Gottesdienst im ZKM
Sonntag, 23.03.2013. Ein ökumenischer Gottesdienst im Rahmen der Ausstellung Global Activism im Kalsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) am Sonntagabend. In einem der Lichthöfe der ehemaligen Munitonsfabrik war mitten zwischen den Ausstellungstücken bestuhlt. Davor ein Stehpult, ein Mikro, fertig. Ja, ja, auch hier das übliche Publikum, so Ü60. Und auch das Musikprogramm ziemlich klassisch: mickriger Gesang bei den Bob-Dylan Songs (englisch!), die von einem netten jungen Mann auf der Gitarre begleitet wurden. Und ziemlich schepprige Elektro-Orgel, die von einem altehrwürdigen Profiorganist bearbeitet wurde.
Aber: das war gut. Sehr gut! Weil es mir so schön weit weg von Kirchenmuff vorkam. Weil es politisch war. Weil es in einem Rahmen stattfand, der nicht nach katholischem Prunk oder evangelischem Pietismus roch. Man wurde direkt konfrontiert, zum Beispiel mit einem Stück des Originalzauns der Wutbürger von Stuttgart 21 oder einer Installation aus Zelten, wie man sie beim occupy-Protest vor den Frankfurter Bankentürmen und im Gezi-Park gesehen hat. Auch Marc Wallingers Installation gegen den Irak-Krieg, die er 2007 vor Westminster aufgebaut hatte, war ausgestellt. Da fiel mir doch gleich der Text von letztem Sonntag aus Mt. 17, 7b wieder ein: Steht auf, habt keine Angst! Und genau mit dieser Haltung bin ich in die Woche gegangen. Danke!
1. Fastensonntag 2014
Wenn Du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird. – Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt. (Mt 4,3b.4b.)
Worauf habe ich Hunger? Was macht mich satt? Würde ich das in der Wüste klarer sehen? Laut über Textstellen in der Bibel nachzudenken war mir immer schon peinlich. Regelmäßig in der Bibel lesen – das mache ich auch schon lange nicht mehr. Das ist vielleicht ein Fehler. Ich könnte mir mal gezielt ein Kapitel vornehmen. Vor ein paar Jahren war ich an einem Projekt beteiligt: anlässlich des Jahres der Bibel schrieb ich das gesamte Buch Hiob ab. Meine Seiten wurden dann mit anderen Handschriften zu einer Unikatbibel gebunden. Den Text trage ich heute noch in mir herum. Und manches davon liegt mir wie ein Stein im Magen. Ach, wär’s doch nur ein Stück Brot.
Apfelwiese im März 2014
Asche auf meinem Haupt
Aschermittwoch, 5. März 2014. Beginn der Fastenzeit. Der Pfarrer und die Messdiener tragen jetzt übrigens Lila und nicht mehr Saure-Gurken-Zeit-Grün. Auf meinem Kopf sieht man ein Aschekreuz. Ich frage mich, was da verbrannt wurde. Das Kreuz ermahnt mich an meine Vergänglichkeit und zur Umkehr. Nachdem ich es letztes Jahr nicht schaffte vierzig Tage lang auf Kaffee zu verzichten, mache ich es dieses Jahr wie James Bond. Q ermahnt ihn: „Sie essen zu viel rohes Fleisch, zu viel Weißbrot, und sie trinken zu viele trockene Martinis.“ – „Hm, dann werde ich das Weißbrot weglassen, Sir.“
Kapelle im Bregenzer Wald
Sonntag, 2. März 2014. Wir sind im Urlaub. Die Kinder gehen in die Skischule. Wir Eltern langlaufen durch unberührte Schneeflächen und einsame Landschaften. Es ist erholsam. Es ist wunderbar. Es ist göttlich. Und in der Natur werde ich immer so schrecklich demütig. Man kann es kaum mit mir aushalten, so ausgeglichen und friedlich bin ich.