Schalom!

Sonntag, 12. Mai 2013. Ich weiß nicht, was der Unterschied zwischen einer Burschenschaft und einer Verbindung ist. Es interessiert mich auch nicht. Es ist mir auch egal, ob diese Jungs sich Narben ins Gesicht schlagen oder nicht. Auf jeden Fall erschrecke ich mich, wenn ich in die Kirche komme und dort drei Studenten in vollem Wichs stehen. Und dann auch noch mit Säbeln. Ich schaue nicht ins Pfarrblatt. Ich verlasse mich einfach auf die Uhrzeit und gehe dann sonntags in den Gottesdienst. 11.30 Uhr. Ausgeschlafen und gefrühstückt. Also, keine Ahnung, vielleicht waren die angekündigt. Vielleicht sind die nur so was wie eine Folkloretruppe, aus dem Pfadfinderalter raus, auf der Suche nach günstigem Wohnraum im Verbindungshaus. Ich weiß es nicht. Ich will es auch nicht wissen. Was mich aber wirklich nachhaltig irritiert hat: Drei junge Männer ziehen in vollem Wichs und mit Verbindungsfahne durch den Hauptgang in die Kirche ein. Vor dem Altar bleiben sie stehen, kreuzen die Fahne und grüßen das Kreuz in militärischer Manier. So kam es zumindest mir vor. Was soll das, bitte? Die Verbindung feiert ihr 92. Jubiläum, gab der Pfarrer als kurze Erläuterung zu Beginn des Gottesdienstes. Aha.

Während des gesamten Gottesdienstes standen die drei Bürschchen mit ihrer Fahne mehr oder weniger stramm am Rande der Gemeinde. Und ich wunderte mich noch immer, als ich aus der Predigt aufschnappte „… die ihre Religiosität in einem anderen Stile leben“. Ist das etwa eine Aufforderung an mich, den weiß gekleideten Jungs und ihren Alten Herren toleranter zu begegnen. Nein. Ich wusste gerade noch so, dass aus der Offenbarung vorgelesen worden war: „Selig ist, wer sein Kleid wäscht, er hat Anteil am Baum des Lebens?“ Ja, doch, von dieser Stelle aus war der Pfarrer inzwischen beim Thema Ökumene angekommen. So ganz selbstverständlich. Mit Überzeugung und Ideen. Das würde ich doch gerne nochmal nachlesen. Schade, dass die Predigttext nicht auf der Homepage der Gemeinde steht. Und schade auch, dass wir an Pfingsten beim angekündigten Ökumenegottesdienst der beiden großen City-Seelsorgeeinheiten nicht zu Hause sein werden.

Eigentlich war ich nach der inspirierenden Predigt wieder ganz ausgeglichen, sogar zufrieden. Aber dann kam der Friedensgruß. Nach dem Beten des „Vater unser“ geben sich die Gottesdienstbesucher die Hand und wünschen sich gegenseitig: „Friede sei mit Dir“. Ich gebe meinem Mann die Hand und sage „Friede sei mit Dir!“ und mein Mann erwidert den Friedensgruß mit den gleichen Worten. Ich gebe meiner Tochter die Hand – und wir wünschen uns gegenseitig Frieden. Ich gebe auch meinem Sohn die Hand zum Friedensgruß. Dann gebe ich noch den Menschen hinter, vor oder neben mir die Hand und wünsche ihnen Frieden. Und dieses Handreichen mit Frieden wünschen, es erfüllt mich fast jedes Mal, Achtung, mit Frieden. Zank und Streit der letzten Woche – er fällt von mir ab. Einfach so. Man sollte mal durch die Einkaufstraße laufen und den Menschen mehr Frieden wünschen. Auf einen Handschlag wären ein Haufen Probleme verschwunden. Ok., ich übertreibe. Aber folgendes ist heute wirklich passiert: meistens geht auch der Pfarrer zu den Gemeindemitgliedern und gibt Einzelnen die Hand. Heute kam er zu uns. „Schalom“ sagte er zu mir. Schalom! Das ist Hebräisch! Ich kann gar kein Hebräisch, denke ich als erstes. Dann denke ich, na ja, es wird schon „Frieden“ bedeuten. Und zu Hause schaue ich bei wikipedia nach – und es bedeutet noch viel mehr: „Der hebräische Begriff Schalom [שלום] (englische Schreibweise: shalom) bedeutet zunächst Unversehrtheit, Heil, Frieden; es ist damit nicht nur Befreiung von jedem Unheil und Unglück gemeint, sondern auch Gesundheit, Wohlfahrt, Sicherheit und Ruhe.“

Schalom! Schalom! Schalom!

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