Ostermontag 2013

Tiefe Provinz. Ungeheizte Kirche. Altersdurchschnitt der ca. vierzig Gottesdienstbesucher geschätzte 70 Jahre. Die rotgefärbte wilde Hilde an der Schweineorgel war früher bestimmt mal ein ganz fescher Feger und lässt das jetzt noch durchklingen mit ihren herrlich falschen Freudengesängen. Der Pfarrer sieht sich genötigt, sie mit seiner sakralen Stimme zu übertönen. Er kann es auch nicht besser. Die Mesnerin hat das Gebetsbuch nicht auf den Altar gelegt. Hektisches Hin- und Herrennen als das Fehlen auffällt. In der Bank vor mir wird der jüngste Bruder von seinen zwei älteren Schwestern gemobbt. Der Pfarrer lobpreist die Schönheit des heutigen Evangeliums, das es nicht verdient habe verpredigt zu werden – um dann doch fünfzehn Minuten darüber zu sprechen, ohne etwas zu sagen. Einer der drei Messdiener gähnt andauernd. Auf dem Sisalteppich krabbeln ganz benommen zwanzig Fliegen. Die Alten empfangen routiniert ihre Kommunion. So viel tolle Typen. Die würde ich gerne mal an ihrem Stammtisch in der Dorfkneipe erleben. In zehn Jahren sind die meisten bestimmt schon tot. Ich vielleicht auch. Weil ich so ein altes Lästermaul bin. Als das Spektakel zu Ende ist, bin ich halb erfroren.

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